Die bisherige Route auf Google-Maps
Teil 1: von Kiel bis Danzig
Teil 2: von Danzig bis Riga
Sonntag, 12. Mai – Erster Tag auf See, ab nach Dänemark
Eigentlich war ein gemütlicher Probeschlag auf der Kieler Förde geplant gewesen um die all die Landratten an Bord ein bisschen einzutrainieren auf die bevorstehenden Aufgaben, und für mich um das Schiff kennen zu lernen. Angesichts der Wetterprognosen, eine Woche Ostwind, haben wir dann aber beschlossen gleich los zu segeln.
Da Segeln direkt gegen Osten bei Ostwind nicht möglich ist, hat sich ein langer Schlag Richtung Norden, sprich Dänemark angeboten.
Mit ordentlich Wind, konnte auch gleich das Reffen der Segel und das Ruder gehen bei ordentlich schräglage geübt werden. Den Zvieri haben dann auch nicht alle gleich gut vertragen.
Nach ca. 5 Stunden haben wir Bagenkop erreicht. Ein Anlegemanöver in eine Box mit viel NSeitenwind haben wir bravurös gemeistert. Keine selbstverständlichkeit mit einer so unerfahrenen Crew. Es sieht schon hier sehr skandinavisch aus. Sehr hübsch der Hafen, da die automatische Schiffsparkuhr nicht funktioniert hat, haben wir sogar gratis übernachtet. Beiz gab es keine offene hier, so stieg der Skipper dann in Kombüse um die Crew bei Laune zu halten.
29.6 sm , 5h 30 m
Montag, 13. Mai – Durch den Fehmarn-Sund
Zeitig aufgestanden, gefrühstückt und dann los. Es liegt eine rechter «Riemen» vor uns. Die Ausfahrt aus der Box ist uns nur fast so gelungen, wie die Einfahrt am Vortag. Unsere Zweifarben-Laterne am Bug hängt jetzt ein bisschen schief, funktioniert aber zum Glück noch und das Glas ist heil geblieben. Beste Grüsse aus der Schleuse in Schottland, dort das Glas nicht überlebt.
Da wir am Vortag nach Norden gesegelt sind konnten wir nun mit dem NO-Wind eine südost Kurs anlegen, welcher uns, wieder um mit gerefften Segeln, zügig zur Fehmarn-Brücke brachte. Diese Verbindung als Vogelflug-Linie bekannt, wurde noch lange mit Bahnverlad auf die Fähre, als Zugverbindung von Hamburg nach Kopenhagen bedient. Aktuell wird jetzt zwischen Puttgarden und Rödby ein Tunnel mit Autobahn- und Eisenbahnspuren gebaut. Ein gigantisches Projekt; die Tunnelelemente werden an Land betoniert und dann auf dem Seegrund abgelassen. Fertigstellung geplant für 2029.
Die Durchfahrt unter der Brücke war dann aber sehr zäh. Wind und auch fast 2 Knoten Strömung gegen uns. Da musste unser Volvo-Penta-Diesel seine Bewährungsprobe bestehen. Der Motor hat uns dann durch die sehr unangenehmen und hohen Wellen sicher nach Burgtiefe gebracht.
37,9 sm / 8h 05m
Dienstag, 14. Mai – Burgtiefe nach Kühlungsborn
Der Ort Burgtiefe hat uns trotz den Feriensiedlungen nicht überzeugt, deswegen direkt weiter nach Kühlungsborn. Ein Ostsee-Bad, welches zu DDR-Zeiten wahrscheinlich den Partei-Kadern vorenthalten war. Heue alles sehr schick renoviert.
Wir konnten zwar wieder nach Südosten segeln, ohne aufkreuzen ging es aber auch heute nicht. Wir haben die gestern geübten Wenden perfektioniert.
Um sechs gab es den Anleger, nachher lecker deutsche Hausmannskost. In Deutschland gibt es dann übrigens auch ein Schnitzel zu Spargeln oder umgekehrt, natürlich mit Hollandaise.
31.4 sm / 7h 06m
Mittwoch, 15. Mai – Kühlungsborn – Strahlsund
Da die südliche und wie wir später sehen werden auch die südöstliche Ostseeküste bestehen eigentlich nur aus Sand, Dünen und Föhrenwäldern. Deswegen sind auch nicht viele Häfen vorhanden, künstlich angelegt versanden diese in kurzer Zeit. Es bleiben also nur die natürlichen Flussmündungen.
Auf unserem Weg nach Stralsund, wäre das nur noch Warnemünde (Rostock), nach her gibt es keine Häfen mehr bis Rügen oder eben Stralsund. Das hiess für uns eine Distanz von ca. 80 Seemeilen (1 Seemeile = 1.852 km), Bei einer Durschnittsgeschwindigkeit von etwa 5 Knoten (Knoten = Seemeilen pro Stunde) bedeutet das ungefähr 16 Stunden Reisezeit.
Es wird hier im Norden aber schon deutlich früher hell und später dunkel als bei uns. So sind wir bei Tagesanbruch um 04.30 los und waren dann nach ziemlich genau 16 Stunden um viertel vor Neun in Stralsund. Mit viel Wind ein sehr spannender Segeltag. Vorallem die Einfahrt in den Strelasund, nur mit gerefftem Grosssegel und trotzdem fast sieben Knoten fahrt war sehr eindrücklich. Auch das sehr flache Fahrwasser hat für Aufregung gesorgt. Das Echolot hat plötzlich kein Wasser mehr angezeigt unter dem Kiel. Wir waren aber eh zu schnell um noch etwas ändern zu können. So sind wir mit der berühmten handbreit Wasser unter dem Kiel über den mit Gras bewachsenen Sandgrund geflutscht.
Zu später Stunde haben wir um viertel vor Zehn noch ein Restaurant gefunden, dessen Küche erst um 22.00 schliesst.
Nach diesem Tag haben alle gut geschlafen, morgen ausschlafen, Hafentag!
78.8 sm / 16h 05m
Donnerstag, 16. Mai – Stralsund
Einkaufen, Stadtrundgang, Kirchturm besteigen, Fischbrötchen, Bierchen trinken, Freizeit und Abends nochmals in die Stadt zum Znacht. Platti wird uns morgen früh verlassen und versuchen mit dem Zug in einem Tag in die Schweiz zu kommen. Viel glück! Aber auch wir haben wieder einen ordentlichen Törn vor uns. Unser Ziel Schwinemünde und auf Polnisch Swinoujscie.
Freitag, 17. Mai – Stralsund – Zecherin
Nun waren es nur noch drei. Der Startzeitpunkt war durch die Öffungszeit der Ziegelgrabenbrücke in Strahlsund vorgegeben. Die Brücke öffnet punkt 08.20 Uhr. Es gibt mittlerweile eine Autobahnbrücke nach Rügen welche mit dem Segelschiff unterfahren werden kann. Die Eisenbahnbrücke und die alte Strassenbrücke müssen aber für höhere Schiffe geöffnet werden.
Durch den Strelasund ging es flott voran, wir hatten auch ordentlich Wind, die Richtung allerdings hat nicht gepasst, so sind wir mit einer Kombination aus Segel und Motor südöstlich aus dem Strelasund gefahren. Sobald sich der Sund öffnet wähnt man sich auf einem Binnengewässer. Die Wellen sind dann im Vergleich zum Wind eher Moderat. Wir kreuzten mit gerefften Segeln bei ca. 5-6 Beaufort auf. Angesichts dieser Verhältnisse erschien es uns nicht clever den geschützten Rahmen zu verlassen und Kurs auf die Pommersche Bucht zu nehmen.
Wir liefen also in den Fluss Peene ein, vorbei an dem berühmt, berüchtigten Peenemünde, wo während der Nazizeit die grosse Deutsche Raketenwerkstatt war. Nun mit südlichem Kurs, hatten wir günstigen Wind und genossen das Segeln auf der Peene mit bis zu sieben Knoten. Die Landschaft hier ist wundervoll, viel Schilf und kleine Altläufe. Die Insel Usedom, die wir zur unserer Linken haben, ist nicht umsonst als Urlaubsziel bekannt. Usedom kann also allen „Turduslern“ herzlich empfohlen werden.
Bald allerdings wurde unsere Schussfahrt durch Peenebrücke in Wolgast gestoppt. Wir waren eine Stunde vor der Öffnung da. Nachdem schon recht anstrengeden Tag, waren wir froh um diese Pause.
Den wir mussten auf unserem Weg nach Schwinemünde noch eine zweite Hebebrücke passieren. Nach der Öffnung der ersten Brücke um 17.45 Uhr, müssen wir 17 Meilen bis 20.45 schaffen, denn dann ist die nächste Brücke offen. Schaffen wir das nicht, müssen wir morgen dann sehr früh raus.
Mit allen Mitteln, Segeln und Motor schauen wir trotz der engen Fahrwasser, dass wir 6 Knoten Speed halten können. Mit Böck als unermüdlichen Rudergänger, und möglichst optimierter Strecke, waren wir tatsächlich fast fünf Minuten zu früh vor der Brücke.
Nach der Brückendurchfahrt liessen wir an der ersten mögliche Stelle unserern Anker fallen. Das erste Mal auf diesem Törn. Nach einem Ankerbier, oder zwei, waren wir nach diesem langen Tag reif für die Kojen.
59 sm / 13h 15m
Samstag, 18. Mai – Zecherin (Grosser Ort) – Schwinemünde
Schon eine Woche unterwegs, die Zeit vergeht im Fluge. Wir haben eine schöne Woche verbracht. Das Wetter war eigentlich immer schön, nur der Wind kam halt meistens von vorn. So auch heute.
Gegen 09.00 verlassen wir unser romatisches Ankerplätzchen nach einem ausgiebigen Frühstück. In der Gegenrichtung herrscht quasi Stau vor der Zecheriner Brücke welche um 09.20 öffnen wird.
Wir segeln im Zickzack über das Stettiner Haff, eine Lagune an der deutsch-polnischen Grenze. Gegen Mittag schläft der Wind dann ein und wir motoren durch einen künstlichen Kanal Richtung Meer und Schwinemünde. Im d, aortigen Jachthafen machen wir fest. Wolfi packt seinen Rucksack, er muss morgen auch früh aus den Federn, den wir wollen früh los und einen grossen Schlag nach Leba machen.
Schwinemünde hat obwohl polnisch noch Anschluss an das deutsche Bahnnetz. Der Ort hat wirklich nur Industriehafenstadt-Charme. Der Kellner war schon mit acht Gästen überfordert (nll – gell), aber das Essen zum Glück sehr gut.
31.1 sm / 6h 32m
Sonntag, 19. Mai – Swinoujscie – Leba
Da die Wetter- und Windprogrnosen ab Dienstag noch stärkeren Gegenwind voraussagen, haben wir, das sind jetzt nur noch zwei, entschieden ein, zwei Etappen zusammen zu legen und eine lange Nonstop-Fahrt nach Leba zu wagen.
Kurz vor fünf haben wir Wolfi auf dem Steg verabschiedet und stehen gelassen. Um fünf Leinen los und raus wieder einmal auf die offene Ostsee. Wind war nicht wirklich viel, so dass wir die meiste Zeit mit Motor unterwegs waren. Es geht schon an die Substanz, nur zu Zweit, ohne Autopilot. 25 Stunden waren wir unterwegs, Ablösung ungefähr im 11/2 Stunden Rhythmus. Zum Glück war es immer trocken, kalt war es auch so schon genug.
Morgens um halb sieben war wir fest am Steg in Leba. Erschöpft in unsere Kojen, aber nicht ohne vorher noch ein Anleger-Bier.
In der Nacht haben wir noch festgestellt, dass eine Speicher unserers Ruders an der Schweissnaht gebrochen ist.
135 sm / 25h 02m
Montag, 20. Mai – Leba
So gegen Mittag sind wir wieder aufgestanden. Nach einem kurzen Festhalten beim ein- oder aussteigen am Ruder ist nun noch eine zweite Speiche gebrochen. So können wir nicht weiterfahren.
Der Hafenmeister meinte aber er kenne jemanden der das flicken können. Dieser Typ werde in einer Stunde hier sein. Polnische Uhren gehen halt auch ein bisschen anders als unsere. Nach ungefähr zwei Stunden, schlurfte ein Typ mit Bierdose in der Hand daher. Das verhiess nichts Gutes. Er hat sich angeschaut und dann wohl gemerkt, dass er hier kein Geld verdienen kann und hat wirklich Profis organisiert. Seit Lech Walesa wissen wir ja, dass die Polen eine grosse Werft-Tradition haben. Der aufgebotene Schweisser hat dann auch ganze Arbeit geleistet und alle Speichen neu angeschweisst. Die hundert Euro dafür waren ein fairer Preis für diesen Express-Service. Man stelle sich vor, im Beamtenstaat Deutschland innert 2-3 Stunden einen Schweisser zu finden.
So konnten wir unsere Weiterreise für den Dienstag planen. Wir wollten wieder um früh los, und hofften Danzig (Gdansk) noch gleichentags zu erreichen.
Dienstag, 21. Mai – Leba – Gdansk (Danzig)
Wiederum um fünf Uhr haben wir die Leinen gelöst und sind aus dem Hafen, quasi durch die Dünen wieder auf die offene Ostsee raus. Wir mussten noch weitere Meilen nach Osten, das hiess wieder aufkreuzen. Zudem mussten wir noch darauf achten nicht in ein militärisches Übungsgebiet reinzufahren.
Nach zwei grossen Kreuzschlägen war, dann Quasi die Ernte der Kreuzerei der ganzen Woche angesagt. Wir konnten mit halben Wind Richtung Süden, Danzig, segeln. Mit bis zu 8 Knoten sind wir dahin gerauscht.
Trotzdem haben Danzig erst in der Dämmerung (bis ca. 22.00 Uhr) erreicht. Von der Hafeneinfahrt, das ist die Flussmündung der Mottawa. Es hiess also noch fünf Meilen, also eine Stunde durch den Industriehafen flussaufwärts, und wir waren schon ziemlich müde.
Dem Hafenhandbuch haben wir entnommen, daäme ss man sich bei der Einfahrt in den Hafen bei Gdansk Traffic Control (quasi der Fluglotse für den Hafen) anmelden soll. Das haben wir dann auch gemacht. Böck am Ruder, ich im Salon am funken. Das ist nicht ganz einfach, da die verschiedensten Englischakzente- und kenntnisse, in denkbar schlechter Tonqualität aufeinander prallen.
Der Tower hat mich also während Minuten, ausgefragt nach Personen an Bord, Registrationsnummer usw. , seine wichtigste Message kam jedoch erst ganz am Schluss. Er meinte wir sollten doch noch kurz vor der Einfahrt warten, es käme gerade noch ein Frachter raus. Da war es vor lauter Schweinwerfer schon ziemlich hell um uns herum.
Nun denn, jetzt nichts wie rein und hoch den Bach. Bis wir aber angebunden an unserem Liegeplatz waren, mussten wir nochmals einen Frachter mit drei Schleppern kreuzen und am Schluss noch unter eine Hebebrücke durch. Diese öffnete für uns dann exklusiv um 23.00. Die Gäste im Hilton mit Zimmer zum Fluss haben sich sicher gefreut. Die Sicherheitssirenen der Brücke machen jedesmal einen riesen Lärm wenn die Brücke aufgeht.
Schliesslich haben wir unser Ziel erreicht, noch am Dienstag in Danzig zu sein. Morgen ist Pause, deshalb gab es einen Anleger, einen Schlummi und ein Bettmümpfeli.
87.4 sm / 17h 14m
Mittwoch, 22. Mai – Gdansk (Danzig)
Ausschlafen! Nach den doch anspruchsvollen langen Törns, brauchen die alten Herren an Bord, also alle ein bisschen Schlaf. Dann gemütlich in aller Ruhe Zmorge.
Martin hat nun Landgang und macht mal eine erste Runde in der Stadt. Ich erwarte ja am Samstag, neue Crew und kümmere mich deshalb zuerst um die Wäsche. Die meisten Marinas haben auch eine Waschmaschine und Tumbler. So auch hier. Während die Maschinen laufen suche ich den nächsten Supermarkt und fülle ein paar Vorräte auf. Mutig mit den wenigen Artikeln zu Self-Checkout. So grosse Ablagefläche rechts für meine Rucksack und los geht es. Eben nicht die Ablagefläche ist eine Waage und muss am Anfang leer bleiben. Den jeder gescannte Artikel muss nachher dort abgelegt werden. Stimmt das Gewicht nicht mit der Eingabe überein kommt die Aufsicht. So kann man nicht ein Pfünderli eintippen und ein Kilo mitnehmen. Das ist übrigens nicht nur in Polen so, sondern zieht sich zumindest bis hier nach Riga durch.
Nach der Wäsche und Klarschiff, gehen wir dann nochmals in die Stadt. Viele Leute, viele davon Touris und Schulreisen.
Die Altstadt ist im Hanse-Stil, wurde nach der Zerbombung im zweiten Weltkrieg vielfach wieder originalgetreu wieder aufgebaut.
Interesant zu sehen ist aber vorallem wie ganz neue moderne Bauten entstehen, welche sich am alten Stil der Hansebauten orientieren.
Zum Znacht gab es dann polnische Teigtaschen, mit verschiendenen Füllungen.
Donnerstag, 23. Mai – Gdansk (Danzig) 2. Tag
Für heute Stand das Museum der Solidarnosc-Bewegung auf dem Programm. Da wir beide richtig tief in Geschichte eintauchen können, haben wir uns dafür viel Zeit reserviert.
Das Museum ist absolut top. Mit einem wirklich guten Audio-Guide wird einem die ganze Entstehung der Proteste in Polen gegen das Sowjetische Regime dargelegt. Das waren sehr mutige Menschen um Lech Walesa. Die Proteste welche auf der Werft in Danzig begonnen hatten, haben schliesslich dazu geführt, dass 1989 der Eiserne Vorhang fiel.
Wir diese mutigen Menschen, dann und dort nicht gewesen, hätten wir vielleicht heute keinen Krieg in der Ukraine, aber fast ganz sicher wären wir nicht zu Besuch in Danzig.
Danzig hat übrigens mehrfach eine grosse Rolle in der Weltgeschichte innegehabt. So sind in Danzig leider auch die ersten Schüsse des Zweiten Weltkriegs gefallen.
Aktuell jedenfalls einen Besuch wert.